Historisch Interessantes

Es gibt viele interessante Geschichten in Verbindung mit Eggenstein-Leopoldshafen. 
Hier veröffentlichen wir immer mal wieder eine neue.

Eggensteiner Belle - Idylle in den Rheinauen mit langer Tradition

Alexander Werner hat für die BNN zum Thema Eggensteiner Belle umfassend recherchiert. Ein kürzerer Beitrag wurde am 25.04.2019 in der Hardtausgabe der Badischen Neuen Nachrichten in der Reihe “Damals und Heute” veröffentlicht, eine längere Version am 26.4.19 auf BNN-Online. Lesen Sie hier die ausführlichste Fassung als spezieller Beitrag zur Eggenstein-Leopoldshafener Heimatgeschichte.  

Historisches Niedrigwasser 2018, Foto von Alfred Volk aus Karlsruhezoom
Historisches Niedrigwasser 2018, Foto von Alfred Volk aus Karlsruhe
 

Florierende Spankorbfabrik

Alexander Werner hat am 10.08.2019 in den BNN einen Artikel zur Ortsgeschichte in Eggenstein veröffentlicht. Er befasst sich mit der Spankorbfabrik, die es ab 1937 beim südlichen Ortseingang von Eggenstein gab. Zuvor war dort die Spritfabrik Würzburger und später die Großbäckerei Griesinger.

Florierende Spankorbfabrik 

Otto Velte brachte wirtschaftlichen Aufschwung und weit über 100 Arbeitsplätze   

2018 fiel in Eggenstein mit dem Abriss des Kamins das letzte Baurelikt des früheren Fabrikgeländes am südlichen Ortseingang. Die Großbäckerei Griesinger war ins Industriegebiet umgezogen. Verwirklicht wird jetzt auf dem Gelände ein großes Wohnbauprojekt. 

Ab 1885 residierte dort die Spritfabrik Würzburger. Deren komplettes Areal erwarb 1936 C.F. Böhringer & Söhne Mannheim. Die Firma war speziell am Brennrecht interessiert und veräußerte es an mehrere Interessenten weiter. Nördlich zog im alten Würzburger-Haus zuerst der Reichsarbeitsdienst ein. Dahinter siedelten sich die Hötzel-Kunststeine und weitere Unternehmen an. 

Kaufmann Otto Velte erwarb 1936 die südliche, großräumige Produktionsfläche mit Anlagen und eröffnete dort ein Holzverarbeitungswerk. Viel mehr war darüber vor jetzigen BNN-Recherchen nicht bekannt. 

Der 1900 in Weingarten geborene Velte machte sich bereits mit 18 Jahren in Karlsruhe als Tabakwarenhändler selbstständig. Sein Entschluss, in Eggenstein mit offiziellem Start zum 1. Januar 1937 eine Spankorbfabrik zu betreiben, fiel auf fruchtbaren Boden. 

Im April 1937 sprach Bürgermeister Ludwig Endle vom Gewinn für die Erdbeergemeinde und die große Zahl von Einwohnern, denen die Fabrik Verdienst bringe. Dies spiegelte auch ein Zeitungsbeitrag nach einem Betriebsrundgang im Oktober 1937 wider. Viele 1000 Spankörbe wurden zuvor von außen für Spargel und Erdbeeren bezogen, hieß es. Dass nun im Ort produziert werde, sei deshalb umso bedeutsamer, weil der Spankorbbetrieb eines anderen Unternehmens in der Gottesauer Kaserne eingegangen sei. So sichere Velte jetzt die Produktionsquote und Versorgung der ganzen Gegend. Auf der Suche nach Produktionsräumen und im Bestreben, sie in einem anerkannten Absatzgebiet zu finden, sei sein Augenmerk sehr bald auf Eggenstein gefallen. 

Foto: Michael Martin Im März 2018 wurde der markante Kamin der Großbäckerei Süd abgetragen. zoom
Foto: Michael Martin
Im März 2018 wurde der markante Kamin der Großbäckerei Süd abgetragen.
Foto: Alexander Werner 2019 wird auf dem alten Fabrikgelände im Süden Eggensteins ein großes Wohnprojekt verwirklicht. Von 1937 bis 1969 produzierte dort das Holzverarbeitungswerk Velte.  zoom
Foto: Alexander Werner
2019 wird auf dem alten Fabrikgelände im Süden Eggensteins ein großes Wohnprojekt verwirklicht. Von 1937 bis 1969 produzierte dort das Holzverarbeitungswerk Velte.
Foto: pr Geschätzt Mitte der 50er-Jahre warb Otto Velte mit illustrierter Visitenkarte. Die Grafik mit mangels Fotos unitärer Ansicht des Areals entstand originalgetreu nach Luftaufnahmen. zoom
Foto: pr
Geschätzt Mitte der 50er-Jahre warb Otto Velte mit illustrierter Visitenkarte. Die Grafik mit mangels Fotos unitärer Ansicht des Areals entstand originalgetreu nach Luftaufnahmen.
 

Velte habe Gebäude, Lagerplatz und Gleisanschluss im Ausmaß von 1,3 Hektar übernommen. Der Gründungstag sei für den Ort ein Markstein wirtschaftlichen Aufschwungs. Weit über 100 Menschen fänden Lohn und Brot. Darunter waren um die 90 weitgehend aus dem Ort stammende Flechterinnen. Täglich würden Hunderte von kleinen und großen Körben hergestellt. Auf dem Lagerplatz würden gewaltige Mengen von Langholz aus dem Schwarzwald zur Verarbeitung ruhen.

Der Artikel vermerkte nach Details zum Produktionsvorgang, dass die fertigen Körbe überwiegend in Waggons und in weiter entfernte Gebiete geschafft würden. Erzeugt wurden in späterer Phase auch noch andere Obst- und Gemüseverpackungen in Form von Holzsteigen und Kisten.

Hauptsaison für den florierenden Spankorbverkauf waren die Sommermonate mit Spitzenlagermengen von teils bis zu 400 000 Körben. Immer wieder schaltete Velte Stellenanzeigen gerade für Büro- und Kontorkräfte. 

1944 zog er mit Familie von Karlsruhe aufs Firmengelände um. In der letzten Kriegsphase 1944/45 wurde er eingezogen, produziert aber nach seiner Rückkehr bereits 1945/46 erfolgreich weiter. 

Ende der 50er-Jahre ergab sich infolge einer sich auf Pappe umstellenden Verpackungsindustrie eine neue Lage. Velte verkaufte die nördliche Hälfte des Areals Mitte 1960 an die GroßbäckereiGriesinger. Im verbleibenden Teil bezog er 1961 südlich vor den Betriebsanlagen sein neu erbautes Wohn- und Bürohaus. 

Er stellte die Obstkorbfertigung ein und produzierte fortan Profilleisten und Rollladenstäbe aus Holz, später ergänzt mit dem Handel aus Kunststoff. Eingerichtet wurde zusätzlich Fabrikverkauf. 

Dass Velte 1969 zwei Jahre vor seinem Tod schloss, hatte gesundheitliche Gründe. Seine beiden Söhne verkauften zuerst den Maschinenpark, dann an Griesinger das Firmengelände mit Wohnhaus 1971. 

In jungen Jahren hatte Velte zudem als Anhänger der deutschen Nationalstenografie von sich reden gemacht. Die neue „Reichskurzschrift“, 1924 als deutsche Einheitskurzschrift eingeführt, sah er kritisch. Immer wieder berichteten Zeitungen vom Karlsruher „Verein für Nationalstenografie 1905“ mit seinem Vorsitzenden Velte. Zuletzt war er bis 1933 noch Ehrenvorsitzender. 

Alexander Werner      

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